Lausitzer Brottopf (oder Kubus)

Welchen Beitrag kann das Handwerk zur Identitätsstärkung einer Region leisten?

Während die Lausitz von außen betrachtet vor allem als ein Opfer von ungehemmten Rohstoffabbau erscheint, findet sich auf der regionalen und Ebene eine eigenständige und traditionsbewusste Handwerkskultur. In dieser ist überliefertes Wissen verankert, was für die Identität dieses Gebietes  eine große Rolle spielt. Wie lassen sich diese Ressourcen in das Postcarbon-Zeitalter übertragen? Verschiedenste Handwerksbetriebe, die die Region ehemals prägten, sind nach dem wirtschaftlichen Niedergang der Lausitz erhalten geblieben. Inwieweit kann man diese gewachsene Infrastruktur nutzen, Netzwerke bilden, neue Ideen entwickeln und Produkte schaffen, die zwar Lausitz typisch sind, aber auch eine über das Regionale hinausgehende Perspektive eröffnen?

In der entstandenen (exemplarischen) Arbeit steht die Verbindung von Keramik und Flechtwerk als Symbol für die Verbindung mehrerer Handwerke und lokaler Institutionen. Funktional handelt es sich um einen Brottopf, ein altbekanntes Utensil zur Aufbewahrung und Frischhaltung von Brot, dessen Wirkungsweise auf der Zirkulation von Feuchtigkeit beruht. In ihm spielen die Eigenschaften beider Materialien zusammen und bilden eine Symbiose. Keramik bzw. Steinzeug hat das Vermögen, Feuchtigkeit aufzunehmen und in einem bestimmten Maß wieder abzugeben. Flechtwaren aller Art sind atmungsaktiv und luftdurchlässig. So kann die Feuchtigkeit des Brotes durch einen geflochtenen Deckel aus Leinengurten entweichen und der Korpus aus Steinzeug hält das Klima aufrecht.

Das Brot als wesentlicher Bestandteil der Kultur vereint hier alle, bringt alle an einen Tisch. Es symbolisiert zudem das Bedürfnis nach Ursprünglichkeit und Tradition. In meinem Szenario produziert die Töpferei Schulze in Crinitz den Topf aus Steinzeug, und die Korbmacherin Silke Gröschke aus Cottbus steuert den geflochtenen Deckel bei. Den Inhalt, das Brot, liefert der Slawische Hof, ein regionale Traditionen pflegendes Gasthaus mit Herberge und angeschlossener ökologischer Landwirtschaft. Es würde ein Netzwerk entstehen, dessen Beteiligte jeweils verschiedene Bestandteile beitragen und ein gemeinsames Erzeugnis hervorbringen.

In diesem Prozess geht es aber auch darum, die Grenzen der Tradition zu lockern und das Gestaltungsvokabular zu öffnen. Hierdurch können neue Ansätze der regionalen handwerklichen Produktion auf den Weg gebracht werden. In Bezug auf die Lausitz eröffnet sich so nicht zuletzt die Möglichkeit, eine zeitgenössische Identität der Region auszudrücken und zu stärken.

Julia Schmidt